Bundestag und Bundesrat haben einer Verordnungsveränderung des Bundesgesundheitsministeriums zugestimmt, künftig solle nicht mehr das Parlament über die Gültigkeitsdauer des Genesenenstatus und die Frage entscheiden, wie lange und mit welchen Impfungen Bürger als vollständig geimpft gelten – sondern das Paul-Ehrlich-Institut PEI und das Robert-Koch-Institut RKI.
Schon wenige Stunden nach Ende des parlamentarischen Verfahrens nahm es die erste Änderung vor: Die bisherige Ausnahme, dass bei Johnson & Johnson im Gegensatz zu anderen Impfstoffen eine einmalige Dosis für die Grundimmunisierung ausreichen würde, wurde gestrichen. Fortan - ohne Ankündigung - gilt man nicht mehr als „geimpft“ und hat somit keinen Zutritt mehr zu 2G-Bereichen.
Jetzt sind mit Johnson & Johnson Geimpfte nun besonders benachteiligt: Sie brauchen zunächst eine mRNA-Impfung und müssen anschließend vierzehn Tage abwarten, bevor sie wieder geimpft im rechtlichen Sinne sind. Wenn die Erstimpfung mit Johnson & Johnson erfolgt ist, soll laut aktualisierter Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) frühestens drei Monate nach der Zweitimpfung geboostert werden. Bis dahin sind die Betreffenden also wieder vom öffentlichen Leben ausgeschlossen.
Der Genesenenstatus wurde zudem auch verkürzt, obwohl dem Bundesrat zur Begründung des Beschlussentwurfes folgende Zeilen vorgelegt wurden: „Änderungen gibt es auch beim Genesenennachweis. (…) Die Geltungsdauer soll im Zuge einer europäischen Vereinheitlichung geringfügig kürzer werden und statt sechs Monaten 180 Tage betragen.“
Aber es kam dann doch anders: Der Genesenenstatus gilt plötzlich und auch hier ohne Ankündigung nur noch für drei Monate, weil das RKI auf seiner Internetseite plötzlich darauf hinwies.
Mit welcher Begründung gilt man ab 14.01.22 nur noch für 90 Tage als Genesen? Wo ist die Evidenz für diese Festlegung? Alle EU-Mitgliedstaaten haben ab 1.2.2022 einheitlich den Corona-Genesenenstatus für Reisen innerhalb der Europäischen Union auf sechs Monate als auch das Impfprocedere festgelegt.
Es gibt wenig Gründe, Genesene nicht Geimpften gleichzustellen, es gibt Studien, die besagen, dass Genesene in den meisten Fällen eine viel breitere Immunantwort haben.
Auf der RKI-Seite ist bloß diese Erklärung zu finden: „Die Dauer des Genesenenstatus wurde von 6 Monate auf 90 Tage reduziert, da die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen im Vergleich zur Deltavariante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der Omikronvariante haben.“
Unter die Erklärung waren zwei Links gestellt: einer zu einer Studie des britischen Epidemiologen Neil Ferguson, einer zu einem „technischen Briefing“ der britischen Gesundheitsbehörde UKHSA. Die Inhalte belegen die Notwendigkeit der Herabsetzung des Genesenenstatus nicht.
Die Anpassung des RKI und PEI haben drastische Auswirkungen, z.B. auch, dass vor Kurzem mit Covid infiziertes medizinisches Personal nun rechtzeitig vor Inkrafttreten der Impfpflicht in Gesundheitsberufen am 15. März doch noch geimpft werden muss, um den Arbeitsplatz zu erhalten.
Das gesamte Vorgehen ist womöglich auch juristisch problematisch. Die Wesentlichkeitstheorie besagt, dass alle Fragen, die für die Ausübung der Grundrechte wesentlich sind, vom Parlament getroffen werden müssen. Das Gesundheitsministerium hat nun aber die Verantwortung dafür an zwei Bundesoberbehörden übertragen. Die Definition von „geimpft“ und „genesen“ hängt damit nun ausschließlich von einer Internetseite ab, die sich unbemerkt und blitzschnell ohne klar benannten Verantwortlichen ändern kann – so wie geschehen.